Büroarbeit außerhalb des klassischen Büros: Vielleicht klingt es im ersten Moment paradox, aber die produktivsten Stunden meiner Arbeit erlebe ich fast nie an einem Schreibtisch im Büro. Und damit meine ich nicht nur das klassische Großraumbüro mit Neonlicht, Klimaanlage und der obligatorischen Kaffeemaschine, die regelmäßig vor sich hin rattert. Auch das Homeoffice mit all seinen Vorzügen – kurzer Arbeitsweg, Jogginghose, eigene Kaffeetasse – kommt oft nicht an das heran, was ein ganz anderes Umfeld mit mir macht.
Denn Büroarbeit, so strukturiert und digitalisiert sie auch ist, lebt von Kreativität, Klarheit im Kopf und dem Gefühl, nicht ständig getaktet und eingeschränkt zu sein. Deshalb suche ich mir oft ganz bewusst Orte, die genau das Gegenteil von einem Büro sind – Orte, die mir neue Impulse geben, meine Gedanken weiten und meinen Fokus neu justieren.
In der Therme oder in der Natur
Einer meiner liebsten Arbeitsorte ist tatsächlich eine Therme. Nicht etwa mitten in den Schwimmbecken oder im Whirlpool – obwohl, wer weiß, wie kreativ man dort Konzepte denken könnte –, sondern eher in den Ruheräumen, auf einer Liege mit Blick ins Grüne, oder in einem abgetrennten Lounge-Bereich mit WLAN und warmem Tee. In der sanften Umgebung, mit leiser Musik und gedämpften Geräuschen, gelingt es mir erstaunlich gut, Mails zu beantworten, Texte zu schreiben oder Strategien zu durchdenken. Das warme Ambiente, die bewusst entschleunigte Atmosphäre – all das hilft meinem Gehirn, sich nicht in Stress zu verlieren, sondern in Produktivität zu baden. Fast so, als würde mein Kopf mit jeder Idee ein bisschen Wellness machen.
Und wenn ich nicht in einer Therme bin, zieht es mich in die Natur. Ob auf einer Bank im Park, an einem ruhigen Seeufer oder auf einer Decke mitten in einer Waldlichtung – die Präsenz von Bäumen, Vogelgezwitscher und frischer Luft hat eine Wirkung, die kein ergonomischer Bürostuhl ersetzen kann. Es ist, als ob mein Kopf sich mit jedem Windhauch ein bisschen mehr öffnet. Ich bin wacher, kreativer, durchlässiger für neue Ideen. Auch wissenschaftlich ist längst belegt, dass ein natürlicheres Umfeld die kognitiven Fähigkeiten verbessert. Konzentration, Problemlösung und sogar die emotionale Intelligenz steigen messbar an, wenn wir uns in naturnahen Räumen aufhalten. Kein Wunder also, dass ich mich draußen nicht nur wohler, sondern auch fähiger fühle.
Büroarbeit: Anderes Umfeld schafft neue Gedanken
Vielleicht liegt es am simplen Tapetenwechsel, vielleicht an der bewussten Entscheidung, sich aus den üblichen Routinen zu lösen – aber jedes Mal, wenn ich außerhalb des gewohnten Kontexts arbeite, entstehen neue Gedanken. Plötzlich sehe ich Zusammenhänge, die mir vorher nicht auffielen. Ich finde Lösungen, ohne mich lange im Kreis zu drehen. Es ist, als würde das Gehirn auf einmal Zugriff auf ganz andere Archive haben.
Gerade in Zeiten, in denen Innovation, Umdenken und Agilität so gefragt sind wie nie zuvor, lohnt es sich, nicht nur digital flexibel zu sein, sondern auch räumlich. In einer Welt, in der Remote Work und Workation an Bedeutung gewinnen und ganze Unternehmen ihre Belegschaften nicht mehr an feste Standorte binden, wird die Frage, wo Arbeit eigentlich am besten funktioniert, immer relevanter. Die Antwort darauf ist individueller denn je – aber sie sollte nicht auf das Büro beschränkt sein.

Auch für Kinder: Hausaufgaben in der Natur
Diese Idee lässt sich übrigens wunderbar auf Kinder übertragen. Wer sagt denn, dass Hausaufgaben nur am Schreibtisch erledigt werden müssen? Kinder, die draußen lernen dürfen – auf einer Picknickdecke im Garten, auf dem Spielplatz mit einem Arbeitsheft oder im Wald mit einem Notizbuch – erleben Bildung oft ganz anders. Sie nehmen ihre Umwelt aktiver wahr, bringen Erlebtes in die Aufgaben ein, entwickeln eine andere Beziehung zu dem, was sie lernen. Bewegung an der frischen Luft fördert nicht nur die Konzentration, sondern auch das emotionale Gleichgewicht.
In Zeiten, in denen psychische Belastungen bei Kindern steigen und das klassische Schulsystem immer wieder an seine Grenzen stößt, kann es ein echter Gamechanger sein, Lernen flexibler und naturnaher zu gestalten. Vielleicht ist das nächste Matheblatt nicht am Küchentisch zu lösen, sondern unter einem Baum, mit Vogelgezwitscher als Hintergrundmusik. Auch Lehrerinnen und Lehrer könnten hier neue Wege gehen – Projekte im Freien, wöchentliche Draußen-Stunden, oder einfach die Einladung, bei gutem Wetter die Aufgaben mit nach draußen zu nehmen.
Wenn das Wetter nicht mitspielt – kreative Alternativen
Natürlich funktioniert das nicht immer. Manchmal ist es draußen zu kalt, zu nass oder zu laut. Dann greife ich zu einem simplen, aber wirkungsvollen Trick: Ich breite mir einfach eine Decke auf dem Boden aus. Ob im Wohnzimmer, im Büro oder im Wintergarten – die Veränderung der Perspektive tut schon so viel. Der Blickwinkel wird ein anderer, das Sitzen oder Liegen fühlt sich entspannter an, und auch mein Geist stellt sich irgendwie um. Ich habe ganze Konzepte auf dem Boden liegend geschrieben, mit dem Laptop auf dem Bauch und einem Tee neben mir. Es braucht nicht viel – nur die Bereitschaft, Routinen zu durchbrechen und offen für neue Impulse zu sein.
Gerade in einer Zeit, in der sich so vieles verändert, dürfen wir nicht vergessen, wie stark der Raum unser Denken beeinflusst. Der Ort, an dem wir arbeiten, ist nicht neutral – er wirkt auf uns. Er kann uns hemmen oder beflügeln. Und manchmal ist es eben nicht der perfekte Schreibtisch, der die besten Ideen hervorbringt, sondern das Rascheln der Blätter, der Dampf einer Sauna oder das Kitzeln einer Wolldecke unter den Füßen.


